Von Spuren und Suchen

Von Spuren und Suchen

Ein Bronnbacher_Blick auf die documenta 14
von Vincenz Borrmann, Bronnbacher Alumnus

Man nehme einen Sonntag und Berlin, Frankfurt, Köln oder München (okay, München vielleicht nicht wegen des Klientels und des Pittoresken), man gehe in einige qualitative Museen und Galerien der Stadt, besuche eine feine Auswahl an Kulturstätten und gedulde sich bei Einlass und schlechtem Kaffee.

Man schaue sich ein wenig genauer und wohlwollender auf der Straße nach Kunst im öffentlichen Raum, nach dem „Originellen“, nach Straßenmusikern um. Man genieße (außer in München) die Zusammensetzung der Mitmenschen. Man reflektiere politischer, sozialkritischer, gesellschaftsaktueller als sonst.

Der documenta-Tag war äußerlich austauschbar, quasi Baukastenmuster. Gleichzeitig lässt er einen innerlich unbefriedigt zurück: Was ist hier soziale Plastik und welche Eichen wurden nun von Beuys gepflanzt? Ist das wirklich die Avantgarde? Muss ich die gesamtkonzeptionellen Spuren des Kurators suchen und finden, weil er sie fünf Jahre lang gelegt hat? Darf ich Erwartungen an solch eine Schau haben? Kann die documenta, zu ungemeiner Größe stilisiert, diese überhaupt erfüllen? Mir schwant: Sie will es gar nicht.

Vielleicht ist es, wie mit der Kunst selbst: der Diskurs ist das Ausschlaggebende, denn er ist es, bei dem aus Für und Wider eine neue Bedeutung entstehen kann. Wenn der Diskurs zur Ausstellung documenta den zum Ausgestellten der documenta aber überlagert, dann hat die Bereicherung des Kunstbegriffs schlechte Karten.

Vielleicht hat der Hype um das documenta-Ereignis aber auch den Sinn, das individuelle Werk als weniger absolut und unantastbar zu begreifen; es kleiner, zugänglicher und verwundbarer zu machen, weil die Kunst sowieso nicht größer als ihre Plattform documenta sein kann. Diese Rezeption würde der Strahlkraft dieser Kunstausstellung eine sozial relevante Funktion zukommen und ihrem Ruf gerechter werden lassen.

Vielleicht braucht man aber gerade das Absolute und das die Grenzen Sprengende, um wirklich in die Routine einschlagen und wirken zu können. Ich komme nicht umher, dies bei der documenta zu vermissen.

Doch obwohl der Besuch der documenta meinen persönlichen Kunstbegriff nicht, wie erhofft, ins Wanken bringen konnte, schärfen sich an den genannten Vielleichts meine Sinne und Instinkte. Glücklicherweise kann ich diese auch in den kommenden fünf Jahren in Berlin, Frankfurt, Köln oder München anwenden.

 

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