Malereiwochenende mit Carsten Fock
Erzählt von Joachim Weber, 13. Jahrgang
Kunst lebt von dem Unvermögen, dem Nichtkönnen.
Während das Einführungswochenende sehr durch lebhaften Austausch untereinander geprägt war, war das Malereiwochenende fast meditativ. Stundenlanges Malen, Reflektieren, Wagen, Scheitern, Gewinnen. Im Fokus lag der Prozess.

Der Maler Carsten Fock
Nach einem gemütlichen Wiedersehen am Freitagabend mit Wein, selbstgemachten Köstlichkeiten und ersten Gesprächen mit dem Gestalter des Wochenendes, dem Maler Carsten Fock, ging es am Samstagmorgen gleich voll und ganz zur Sache. Bei der Sache ging es nicht um Diskussionen über Malerei, über Gattungen und Stile, sondern darum, ein eigenes Bild zu schaffen. Dieses Schaffen war ein Prozess, welcher sich über das ganze Wochenende hinzog.
Bevor wir in die Schöpfungsphase hineintauchen konnten, suchten wir Inspiration in der Musik. Dazu stellte jeder von uns nacheinander ein Lieblingsmusikstück vor. Die daraus entstehenden Ideen skizzierten wir zunächst auf Zeichenpapier, um uns auf die Arbeit mit Acrylfarben auf den Leinwänden vorzubereiten. Diese mussten jedoch erst noch zusammengebaut werden. Dabei kamen wir zunächst ordentlich ins Schwitzen, da die Leinwand mit sehr großer Spannung auf den Rahmen „getackert“ werden muss. Dies bedeutete einen kleinen Kraftakt und vor allem Teamwork.
Der darauffolgende Moment, mit dem Pinsel vor der riesigen Leinwand zu stehen, war für mich fast unheimlich. Die Gelegenheit solch ein „Gemälde“ zu schaffen hat man schließlich nicht jeden Tag, die Zeit und die hervorragende Anleitung dazu erst recht nicht und so wollte ich aus der Leinwand ein Meisterwerk zaubern, welches ich später stolz in meiner Wohnung präsentieren könnte. Rückblickend muss ich sagen, dass die ersten zaghaft-ängstlichen Striche, die ich mit der Absicht etwas Schönes und Gutaussehendes zu malen, auf die Leinwand zitterte, im Vergleich zu den späteren mutigeren Schritten, die ich durch Provokationen von Carsten und Konstantin wagte, die schlechteren waren.
Carsten und Konstantin waren intensiv präsent und begleiteten jeden von uns mit Anregungen, manchmal Lob aber noch mehr Provokation. Sie forderten uns heraus, etwas zu wagen, zu riskieren und uns von realen Formen und bekannten Mustern zu lösen und nicht das Offensichtliche zu malen, sondern Gegenstände, Gefühle und Situationen durch Farben, Formen und Andeutungen auszudrücken. Es war der Prozess der Abstraktion, der Reduzierung auf das Wesentliche – heimlich angedeutet und doch sehr klar. Dies hat mir eine neue Perspektive zur Malerei eröffnet. Zuvor stellte ich mir die Malerei gewöhnlich als kolorierte Zeichnung vor, ohne viel Raum für Interpretation, wie das Resultat eines Handwerks, fast banal im Sinne von Offensichtlichkeit und Fixiertheit. Ein ganz anderer Zugang zur Malerei ergab sich mir aus der Erfahrung, dass sich ein Bild aus dem Maler heraus entwickelt und sich der Maler selbst in dem Bild entwickelt.
Während dem Malen herrschte eine gespannte Atmosphäre im Saal: hier flammte Enthusiasmus über einen gelungenen Fortschritt auf, dort machte sich Ernüchterung über einen Fehler breit, hier kam neue Hoffnung auf und drüben die Verzweiflung. Nach diesem sehr intensiven Tag, an dem sich jeder besonders mit sich selber und dem Bild beschäftigt hatte, tat es sehr gut, den Abend gemeinsam in der Küche im Mannheimer Jungbusch und anschließend in einigen Bars ausklingen zu lassen.
Am Sonntag galt es, die Bilder zu vollenden. Am frühen Nachmittag versammelten wir uns schließlich um die fertigen Werke und betrachteten nach einander jedes einzelne. Carsten sagte zu jedem Bild und zu jedem Maler etwas und stellte die Entwicklung und das Besondere an jedem Bild heraus. Es war wirklich faszinierend, diese einzigartigen Werke zu betrachten und wirken zu lassen.
Das Malereiwochenende war für mich ein herausforderndes Abenteuer, in dem ich sehr viel über mich lernen konnte. Besonders die einleitende Botschaft von Konstantin, dass die Malerei von dem Unvermögen und dem Nicht-können lebt, hat mich weiter beschäftigt. Die Annahme vom Nicht-können und vor allem das Arbeiten mit dem Unvermögen bereichern unser Wirken auch in anderen Aufgaben ungemein und führen zu einem neuen, gestärkten Selbstbewusstsein. Eine tolle Erfahrung!