Kathakali – Märchenhaftes Tanztheater

Kathakali – Märchenhaftes Tanztheater

Kathakali-Tänzer beim SchminkenEin Besuch in Indien ist in vielerlei Hinsicht erlebnisreich; insbesondere wenn es der erste ist. Vor allem ist das öffentliche Leben bunter und lauter als es europäische Augen und Ohren zumeist gewohnt sind. Auch Kathakali, eine expressive Form des indischen Tanztheaters, stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Doch wer sich darauf einlässt, erlebt ein faszinierendes Zusammenwirken aus Literatur, Musik, Malerei, Schauspiel und Tanz: ein märchenhaftes Tanztheater. Von Stefanie Hirsch.


Buntes Treiben am Strand von KochiZu einem Besuch im südindischen Bundesstaat Kerala gehört neben einem Bummel durch die alte Hafenstadt Kochi, einer Fahrt auf den Kanälen der Backwaters sowie einem Streifzug durch die Teeberge im Landesinneren auch der Besuch einer Kathakali-Vorführung. Diese Form des Tanzdramas wird als eine der ältesten Tanzarten angesehen und vereint mehrere Kunstformen in sich.


Die zu Grunde liegende Literatur für Kathakali-Stücke stellen die Hindu-Epen Mahabharata und Ramayana dar. Charaktere der Geschichten sind daher fast ausschließlich Dämonen oder Götter der hinduistischen Mythologie. Den inhaltlichen Kern bildet meist ein Kampf zwischen Gut und Böse, so dass der Höhepunkt der Stücke häufig in der Tötung des bösen Charakters oder Dämons besteht.


Diesen recht einfach strukturierten Geschichten steht eine unglaubliche Komplexität in den Details der Aufführungen gegenüber:

  • Im Mittelpunkt steht zu allererst der Tanz als Hauptausdrucksform. Abgesehen von lautmalerischem Schreien oder Rufen beschränken sich die Darsteller auf ihre Mimik und Gestik. Um die Ausdrucksformen für das umfangreiche Repertoire an Gefühlen zu erlernen beginnt die Ausbildung der Tänzer oft im Kindesalter und dauert bis zu 10 Jahre.
  • Die Handlung wird von einem sich im Hintergrund haltenden Musiker gesungen und gleichzeitig von weiteren Musikern passend zum Tanz mit Perkussions-Instrumenten (z.B. Chenda und Maddalam) untermalt.
  • SchminkszeneRequisiten finden kaum Verwendung. Die Tänzer stehen als Personen im Mittelpunkt des Geschehens. Unterstrichen wird dies auch durch aufwändig geschminkte und damit fast maskenhaft wirkende Gesichter. Sowohl Farben als auch Mustern werden traditionell bestimmte feststehende Bedeutungen zugemessen und müssen dem darzustellenden Charakter entsprechen. Das Schminken und Kostümieren kann durchaus mehrere Stunden in Anspruch nehmen.


AufführungBei den täglich speziell für Touristen angebotenen Vorführungen wird der Einlass oft vor den Beginn der Maske gelegt und die Darsteller werden für das Publikum sichtbar auf der Bühne geschminkt. Während sie die Kostüme angelegt bekommen erfolgt außerdem eine kurze Erläuterung der Eigenheiten des Kathakali und es werden mehrsprachige Texte mit der dem Stück zu Grunde liegenden Geschichte ausgeteilt. Dafür fällt die eigentliche Aufführung meist vergleichsweise kurz aus.

Sollte es sich zeitlich ergeben, kann man natürlich auch eine der originalgetreuen Aufführungen – zum Beispiel im Rahmen eines Tempelfestes – besuchen. Es ist jedoch fraglich, ob man sich mit seinen ungeübten Augen und Ohren direkt einer solchen Erfahrung aussetzen sollte. Denn eine Aufführung der traditionellen Art dauert meist mehrere Stunden. Um im Finale das Gute über das Böse triumphieren zu sehen muss man teilweise bis in die frühen Morgenstunden ausharren.

Fotos (c) Stefanie Hirsch.

 

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