Drei Tage und einige schlaflose Nächte
Ein Bronnbacher_Blick auf die documenta 14
von Xenia Kentz, Bronnbacher Stipendiatin
Dieses Jahr war es soweit: vor einigen Wochen habe ich meine erste documenta besucht. „Meine erste“ – ich habe diese Formulierung eines guten Freundes übernommen, der in Kassel Kunstgeschichte studiert hat und für den es schon „seine dritte“ war.
Ich hatte das Vergnügen, mit dem besagten Kunsthistoriker und einer weiteren kunstbegeisterten, ehemaligen Kasseler Studentin und guten Freundin drei Tage in Kassel zu verbringen. Beide haben meine Vorfreude angeheizt, ich war daher schon total gespannt auf das, was ich da wohl so zu sehen bekommen werde. Dieses Jahr war eine zweite Stadt ebenbürtiger Ausstellungsort – Athen.
Die Symbolik greift sofort.
„Von Athen lernen“ lautete das Motto, es lugte nahezu hinter allen Exponaten hervor. Die Bedeutung dieser Stadt mag den meisten bekannt sein. Athen, die Wiege der Demokratie, der Herrschaft des Volkes, ein Vorbild für die politische Grundausrichtung vieler Länder. Doch in den letzten Jahren hat grade die Politik, die in dieser Stadt gemacht wird, mit allerlei Krisen zu kämpfen. Griechenland ist zum Schauplatz der Flüchtlingskrise geworden und auch dieses Thema zog sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung.
Der Afghane Hiwa K. hat es mit 20 Kanalisationsrohren aufgegriffen. Wohnlich eingerichtet, es ist alles da: Bad, Schlafzimmer, Bibliothek, Büro, Esszimmer. Man wollte am liebsten da rein klettern und es sich bequem machen. Ein bisschen eng hätte es werden können. Aber bequem und gemütlich war es für Hiwa K. sicherlich nicht, als er sich auf seiner Flucht in einem solchen Rohr mit weniger als einem Meter Durchmesser verstecken musste.
Zahlreiche andere Künstler thematisierten Flucht und Vertreibung auch durch Videoinstallationen und Fotografien, die einen nicht kalt ließen. Und es brauchte nicht mehr als das Bibelzitat als Inschrift des Obelisken von Olu Oguibe, um mich für einige Momente starr stehen zu lassen und für lange Zeit nachdenklich zu machen: „Ich war ein Fremder, und ihr habt mich beherbergt.“
Meine erste. Sie hat Spuren hinterlassen, für wilde Träume in den folgenden Nächten gesorgt. Aber es war eine wunderbare Erfahrung. Es soll auch nicht die letzte sein. Und von Athen lerne ich: Hoffnung. Krisenfest, sie stirbt – wie man sagt – zuletzt.