Bonameser Gespräche
eine eigene Positionierung zum Gemeinwohl als Kernfrage in Führungsrollen

Auf Einladung von Herrn Friedrich von Metzler und dem Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. kamen ehemalige Bronnbacher Stipendiat*innen mit wichtigen Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft im Haus Metzler zu den 4. Bonamesern Gesprächen zusammen. Davon auf dem Bild zu sehen sind neben den Bronnbacher Alumni Herr Professor Dr. Meynhardt, Frau Heuer, Frau Dr. Nentwig (ab der zweiten Person von links nach rechts), Frau Müller und Herr Adamopoulos (mittig).
06.09.2017 – Frankfurt a. M. – Herr Friedrich von Metzler und der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. laden zum 4. Bonameser Gespräch ins Haus Metzler in Frankfurt-Bonames ein. Das Thema ist „Zukunft der Arbeit – Arbeit der Zukunft. Change Management als Herausforderung für Führungskräfte“. Ausgesuchte Unternehmerpersönlichkeiten und Absolventen des Exzellenzprogramms „Bronnbacher Stipendium – kulturelle Kompetenz für künftige Führungskräfte“ diskutieren mit Katharina Heuer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung, und Professor Dr. Timo Meynhardt, Managing Director des Center for Leadership and Values in Society und Inhaber des Dr. Arend Oetker Lehrstuhls für Wirtschaftspsychologie und Führung an der HHL Leipzig Graduate School of Management über Visionen für die zukünftige Arbeitswelt. Eine besondere Rolle spielen dabei die Fragen nach Werten und Gemeinwohlgesichtspunkten im Management sowie die damit zusammenhängende Bedeutung von Kunst und Kultur in Unternehmen. Moderator des Podiumsgesprächs ist Professor Dr. Nicolas Burkhardt, Geschäftsführer von KOPFSPRINGER und Absolvent des Bronnbacher Stipendiums.
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“, zitiert Meynhardt Willy Brandt zum Thema Prognosen. Meynhardt hält nicht viel von dem Blick in die Glaskugel: „Wir wissen nicht, was kommen wird, und sollten etwas mehr Demut vor unserem Unwissen haben.“ Letzterem stimme ich zu, doch sollten wir nicht unsere Vorstellungskraft nutzen, um herauszufinden, welche Richtung wir einschlagen möchten? Professor Dr. Bitter im Publikum denkt ähnlich und unterstreicht die bereits wahrnehmbaren Veränderungen in der Arbeitswelt, die Automatisierungen im Bankwesen. Zum Thema Digitalisierung betont Heuer, dass anstelle der Vollautomatisierung auch eine Teilautomatisierung zukünftig möglich ist: „Wir haben es in der Hand, wieviel Maschine wir zulassen und wieviel Mensch im Unternehmen drinbleibt.“ Ja, denke ich, doch besteht nicht genau hier die Gefahr der umgekehrten Aristokratie nach Richard David Precht? Hier wäre dann die Frage der Finanzierung von Arbeit und Nicht-Arbeit interessant: Meynhardt lehnt jedenfalls das Grundeinkommen ab, erkennt allerdings an, dass Freiheit ohne Gemeinwohl nicht zu haben sei.
Heuers Idee von dem Verhältnis Maschine-Mensch im Unternehmen greift Meynhardt auf und bezeichnet das heutige Management als liberal art, als Kunst, den richtigen Menschen mit den richtigen Fähigkeiten an den richtigen Platz zu bringen. Dabei sei die eigene Positionierung zum Gemeinwohl die Kernfrage in Führungsrollen. Als Mitbegründer des GemeinwohlAtlas beschäftigt er sich unter anderem mit den Gemeinwohlerwartungen der Bevölkerung an Unternehmen und ihrer Umsetzung. Dabei plädiert er für einen unternehmerischen Fokus hierauf, weil er letztlich profitbringend für das Unternehmen sei. Diese Aussage wirft erneut Fragen in mir auf: Wie gemeinwohltätig ist ein Gedanke, wenn er auf dem finanziellen Profitgedanken eines Unternehmens basiert? Profit für die einen bedeutet auch immer ein Verlust für die anderen. Oder ist gar nicht der finanzielle Profit gemeint? Ist hier überhaupt gemeint, ein Unternehmen könne nur wohltätig sein, wenn die nötigen finanziellen Ressourcen vorhanden sind? Und – was bedeutet dann Gemeinwohl eigentlich? Gehen also Profit – People – Planet doch zusammen? Eine Podiumsdiskussion ist immer verdammt kurz, trotz der starken Bronnbacher Beteiligung, die unter anderem auch die Kulturfrage einbringen.
Hinsichtlich der Relevanz der Kulturfrage in der Geschäftswelt sind sich die Podiumsteilnehmer/innen einig: Heuer und Meynhardt beschreiben die Funktionen von Kunst und Kultur mit den Stichworten sinnstiftend, Halt gebend und Ressourcen aktivierend, insbesondere in Bezug auf das Arbeitsleben. Till Casper, Geschäftsführer von Karl Casper GmbH & Co. KG, schildert zudem, wie er durch Kunst gelernt habe zuzuhören, andere Meinungen zu respektieren und Freiheiten für eigene Ideen und Kreativität auch am Arbeitsplatz zuzulassen.
Die Beschreibungen können wohl die meisten im Publikum nachvollziehen, schließlich sind es zum großen Teil Mitglieder des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. und Bronnbacher Alumni, die während ihres Stipendienjahres regelmäßig mit Kunstschaffenden zusammengekommen und so in die Kunstwelt eintauchen. In der anschließenden Diskussion wird durch die zahlreich vertretenen ehemaligen Bronnbacher Stipendiaten daher angeregt, das Thema Change in größerem gesellschaftlichen Rahmen zu denken und hervorgehoben, dass für kommende Generationen von Führungskräften Kreativität und Offenheit im Umgang mit Neuem – wie sie im Bronnbacher Stipendium vermittelt werden – zentral ist.
Viele Gedanken werden an dem Abend angestoßen, viele Fragen aufgeworfen – Fragen, die mich noch heute beschäftigen und in meinen Augen noch weiterer Diskussion bedürfen. Eine davon ist wie der Freiheitsanspruch der Kunst in den herrschenden Arbeitsbegriff einwirken kann. Dass er jedoch auf den Arbeitsalltag einwirken sollte, steht nach diesem Abend außer Frage.
Herzlichen Dank an Herrn Friedrich von Metzler und den Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. für den anregenden Auftakt dieser Diskussion!
Charlotte Rauth, Bronnbacher Alumna